Ankunft im Süden

Kurzversion: früh aufstehen, Flughafen, Briefkastensuche, Kontrolle, Pulli verloren, vorne im Flieger, nette Stewardess, salziges Studentenfutter, Autos, Häuschen, Kühe.

Dienstag: Heute steht der Flug nach Puerto Montt an: Das ist ein paar hundert Kilometer südlich von Santiago und direkt an der Pazifik-Küste. Unser Haus ist wohl etwas außerhalb und direkt am Strand, mehr weiß ich bis dato noch nicht.

Wir lassen uns vom gleichen Taxifahrer, der uns auch schon am Samstag vom Flughafen in Hotel gebracht hat, wieder zum Flughafen bringen. Er hat Daniela seine Telefonnummer da gelassen, und wir kommen gern auf das Angebot zurück. Der Flughafen in Santiago ist leider nicht sehr spannend, auch wenn es ein paar echt hübsche Souvenir-Shops gibt mit tollen Sachen. Es liegt sogar Schokolade zum Probieren aus, einmal mit Kokos-Füllung und einmal mit Orange. Es gibt tollen Schmuck und auch schöne Bildbände über Chile, tolle Tassen und so weiter. Aber natürlich nichts für jetzt, schauen muss reichen.

Da wir natürlich viel zu früh da sind, langweilen wir uns recht schnell. Zum Glück fällt mir ein, dass ich ja noch Postkarten mit mir rumschleppe, die zwar schon fertig geschrieben und mit Briefmarke versehen sind, aber für die wir bisher keinen Briefkasten gefunden haben. Daniela fragt einen Polizisten, ob man seine Post hier irgendwo abgeben kann, und tatsächlich, genau das soll es am anderen Ende des Flughafens geben, direkt neben einer Apotheke. Mama und ich laufen los, wir wissen wo die Apotheke ist. Da finden wir jedoch nur einen Schalter an dem Leute anstehen zum Geld holen. Soll das die Post sein? Jedenfalls ist hier kein Briefkasten. Komisch. Polizisten lügen doch etwa nicht? Vielleicht liegt es an den ganzen Baustellen, da viele kleine Geschäfte hier gerade neu entstehen. Als wir Daniela wieder treffen, sagt sie uns, dass man seine Briefe da aber tatsächlich direkt am Schalter abgibt. Also kein Briefkasten. Als wir wieder da aufkreuzen, ist die Schlange weg und die zwei Frauen, die in dem kleinen Kabuff sitzen, nehmen die Postkarten auch lächelnd entgegen. Mal schauen wie lange die brauchen.

Kurz darauf gehen wir auch durch die Gepäckkontrolle zum Gate. Dort warten wir wieder etwas, aber hier kann man wenigstens den Flugzeugen beim Starten und Landen zuschauen und es gibt wieder ein paar kleine Läden. Wir essen die vom Frühstück übrig gebliebenen Sachen, zwei gekochte Eier, Cracker (noch ausm Flugzeug), Brot, Äpfel. Wir wissen ja nicht, ob es auf dem nur 2 Stunden langen Flug überhaupt was zu essen gibt, und es ist auch schon kurz nach 2.

Als dann unser Flieger endlich da steht, rennen alle zum Einlass. Da wir die vorderen drei Reihen links haben, lassen wir uns Zeit. Als wir dann endlich losgehen, fällt mir ein, dass ich ja meine Kopfhöhrer rausholen könnte, falls es wieder ein Bordunterhaltungssystem gibt. Ich kruschtele in meinem Rucksack rum, die sind natürlich ganz unten. Als ich sie gefunden und alles andere wieder eingepackt habe, stehen die anderen schon fast vorne dran am Einlass, ich beeile mich. Erst im Flugzeug, auf ca. 10.000 Meter Höhe, fällt mir auf, dass ich meinen Lieblings-Pullover, den ich eigentlich umgeschnürt hatte, nicht mehr habe. Der liegt wahrscheinlich noch am Gate. So ein Mist. Eigentlich ist der mir ja schon zu groß, aber ich wollte ihn nach dem Urlaub Mama mitgeben. Der war wirklich schön und kuschlig weich, Schwarz mit einem großen weißen Herz vorne drauf.

Naja, weiter gehts. Oben in der Luft wird tatsächlich ein Snack serviert, man kann sich zwei von vier zur Auswahl stehenden aussuchen, dazu Kaffee und Saft oder Wasser. Es gibt eine salzige Nuss-/Früchtemischung, Riegel mit mediterranen Gewürzen aus Mürbteig, einen Becher Obst und Karamell-Kuchen. Mama und ich sitzen nebeneinander und so können wir von allen vieren probieren, und alles ist lecker.

Angekommen in Puerto Montt warten wir darauf, dass unsere Autos gebracht werden. Es sollen zwei werden, damit wir auch mal verschiedene Sachen machen können. Nach ca. einer Stunde warten sind sie auch beide da, zwei alte Chevrolets ohne PS. Egal, wir müssen ja nicht wettfahren oder bergsteigen (denke ich zu diesem Zeitpunkt noch). Erst einmal wird vollgetankt, denn hier kriegt man die Autos nicht wie bei uns voll startklar für große Touren. Dann geht es los. Die Fahrt erweckt in mir leider schlimme Befürchtungen, denn viele der Hütten hier – anders kann man die Wohnstätten nicht nennen – haben durchhängende Dächer und sehen sehr baufällig und heruntergekommen aus.

Die Wegbeschreibung zu dem Dorf etwas außerhalb ist auch recht dürftig, und also wir nicht mehr weiter wissen, ruft Daniela den Vermieter an. Der holt uns ab, und wir stehen am Straßenrand und warten. Opa geht spazieren und findet ein leeres Vogelei.

Vogelei

Sonst passiert nicht viel spannendes. Immerhin gibt es hier mehr Fauna als in Santiago, das hatte ich ein wenig vermisst. Als der Vermieter da ist, fährt er voraus, irgendwann biegen wir dann auf einen Feldweg ab. Überall Schlaglöcher, und meine Hoffnungen auf ein gerades Dach und fließend Wasser schrumpfen. Irgendwann fahren wir sogar ab vom Weg mitten über eine grüne Wiese, auf der man kaum noch alte Reifenspuren erkennen kann. 20 Meter später sehen wir es.

Eine wunderschöne kleine Holzhütte, mit geradem Dach. Ein wenig erhöht auf Stelzen gebaut, aber hübsch anzusehen. Die Vermieterin wartet schon auf uns und hat die letzten Vorbereitungen getroffen, wir sind die ersten Gäste der Saison. Sie kann sogar sehr gut Englisch, nur ein wenig eingerostet. Und sie hat einen Hund, der schon sehr alt ist, nichts tut, und wir sollen uns nicht wundern, er liegt hier gerne vor dem Haus im Sand. Rocky heißt er und interessiert sich für uns, man sieht aber sofort, dass ihn fast jede Bewegung schmerzt, sogar das Schwanzwedeln wird auf ein Minimum beschränkt.

Das Haus am Strand

Rocky

Wir werden durchs Haus geführt, es gibt zwei Doppelbett-Zimmer, ein Zweibett-Zimmer und ein Zimmer mit Einzelbett. Ein achtes Bett ist noch auseinander gebaut, kann aber aufgestellt werden. Unten gibt es einen Holzofen der alles aufwärmt. Die Einrichtung ist rustikal und sieht gebraucht aus, aber die Qualität ist gut. Später erfahre ich, dass die Hausbesitzer hier selbst einmal gelebt haben, jetzt aber in der Stadt selbst ihren Hauptwohnsitz haben. Es gibt zwei große Panorama-Fenster, eines unten im Wohnzimmer, und eines oben in einem der Doppelbett-Zimmer. Der Blick ist wunderbar. Und man hört immer das Meeresrauschen. Es ist nur etwas kühl, die Fenster etwas zugig. Aber verglichen mit meinen Horrorvorstellungen ist es ein Traum. Und würde ich das ganze geschenkt bekommen, würde ichs auch sofort nehmen. Es gibt sogar zwei Badezimmer, so dass wir keinen Plan erstellen müssen, wer wann wielange aufs Klo darf.

Panoramablick

Da es schon spät ist, fahren Roman, Daniela, Rosa und Opa direkt einkaufen, der nächste Laden ist nämlich 20km entfernt und macht in einer Dreiviertelstunde zu. Und wir wollen ja Abendessen igendwann. Oma, Mama und ich bleiben da und verteilen die Zimmer und heizen den Ofen und ruhen aus. Als es dunkel ist, fängt es vor der Tür plötzlich zu Muhen. Wir stürzen zum Fenster, und im Schein der Lichter drinnen können wir grade noch eine kleine Herde Ochsen ausmachen, die sich interessiert um das verbliebene Auto scharen und dann den Strand weiterlaufen. Ich bekomme ein paar Bilder hin, das glaubt mir doch sonst keiner. Kühe am Strand.

Rindviecher

Kurz danach sind die anderen zurück, es gibt ein Vesper. Nur geht bei einem der Autos die Tür nicht mehr zu, bei der Ruckelfahrt hierher hat sich der Schließmechanismus verklemmt oder sonstwas. Jedenfalls sitzt der Haken, der die Tür zu hält, fest und lässt sich nicht mehr bewegen. Damit keine Kühe einsteigen und es nicht reinregnet, stellen wir notdürftig einen Holzstuhl davor.

Der restliche Abend ist etwas davon getrübt, dass es ein Missverständnis mit Opa gibt und wir gestritten haben. Aber ich denke nichts, was sich nicht ausbügeln lässt.

Wenigstens sind die Betten warm und bequem, meines knarrt ein bisschen, aber wir schlafen alle gut und erholsam.