Das Elqui-Tal und La Serena

Kurzversion:
Sonntag: Papayas, Damm, Valle Elqui, Pisco, Pisco Elqui, Gabriela Mistral
Montag (1. Dezember): Kirchen, Irrlauf zum Strand, Hundebegleitung, Sonnenbrand
Dienstag: Tia Susanna und Fahrt nach Antofagasta

Für Sonntag haben wir zu viert (Oma, Opa, Mama, ich) eine Tour ins Valle Elqui gebucht, die auf Englisch gehalten wird und mit der wir ins Hinterland in eben jenes Tal fahren. In diesem Tal ist Gabriela Mistral geboren worden, eine chilenische Nationalheldin und die erste und meines Wissens nach einzige spanischsprachige Frau, die je einen Nobelpreis erhalten hat (sie hat 1945 den Literaturnobelpreis erhalten und ist leider in Europa eher unbekannt). Gabriela Mistral wird von den Einheimischen sehr bewundert und verehrt, und gerade in der Gegend um La Serena und dem Elqui-Tal wird etwa jede zweite Straße, Bücherei, Cafeteria etc. nach ihr benannt. Außerdem ist das Tal im Gegensatz zum Umland sehr fruchtbar, es werden Papayas, Zitrusfrüchte, Avocados, sonstige Früchte, und vor allem Trauben für Pisco angebaut. Pisco ist, wie ich glaube ich schon geschrieben habe, der chilenische Nationalschnaps, der meistens im Mix mit Limetten, Zukersirup und Eiklar getrunken wird als sogenannter Pisco Sour. Um die Herkunft und die Namensrechte des Pisco und Pisco Sour streiten sich Peru und Chile auch noch heute, beide Länder bereiten jedoch ihre Getränke sehr unterschiedlich zu. Mehr dazu gibt es ausführlich im Internet, auch bei Wikipedia, wobei da der deutsche Eintrag nicht so breit getreten ist wie beispielsweise der englische oder natürlich der spanische. Aber da das zu viel ist, um hier auszuführen, verweise ich Interessierte trotzdem ausnahmsweise dahin.

Da die Tour um 9 Uhr starten soll, sitzen wir um halb 9 noch gemütlich beim Frühstück als die Rezeptionistin vom Hostel uns Bescheid gibt, dass der Tourbus schon da ist. Wir sind ein wenig überrascht, denn auch in Chile ist Pünktlichkeit nicht immer das oberste Gebot, aber vielleicht kann man das ja auch in beide Richtungen auslegen. Egal, wir packen eben fertig und sitzen ein paar Minuten später in einem Mini-Bus. In den übrigen Hostels der Stadt werden noch andere Tourgäste abgeholt. Danach stellen sich unsere Führer vor: Rodolfo ist unser Fahrer und spanischsprachiger Guide, und Leticia übersetzt auf Englisch, da von den 13 Gästen sieben sind, die sich alle für englischsprachig angemeldet haben, sowie eine vierköpfige chilenische Familie aus der Gegend um Arica ganz im Norden und zwei Peruaner, die die Tour auf spanisch hören möchten.

Ich warne unsere Führerin gleich vor, dass ich für meine Großeltern übersetzten werde und sie sich nicht wundern soll, da beide nur wenig Englisch verstehen. Das finde sowohl Rudi, wie Opa unseren Fahrer getauft hat, also auch Leticia so lustig, dass sie mir auch immer nach dem gesagten brav Pausen einräumen, damit ich wiederholen kann.

Als erstes geht es zu einer Papaya-Plantage, wo wir etwas über die speziellen Papayas aus Chile lernen, und auch Produkte probieren sowie wenn wir möchten, kaufen können. Die Papayas hier sind nämlich anders als die, die wir bei uns kaufen können. Sie sind viel kleiner, aber viel stärker. Man kann sie nicht roh essen, da das Enzym Papain in ihnen so hoch konzentriert ist, dass man verbrennungsähnliche Verletzungen am und im Mund bekommt. Man kann die chilenische Papaya nur als Marmelade oder anders verarbeitet essen.

Papayasträucher

Im übrigen werden wir darüber aufgeklärt, dass die Papaya, obwohl sie so aussieht, kein Baum sondern ein Strauchgewächs ist und in drei Geschlechtern vorkommt: Die männliche Pflanze produziert das ganze Jahr Blüten, die weibliche das ganze Jahr Früchte. Dann gibt es noch den Zwitter, der sich auch selbst befruchten kann, aber nur sechs Monate im Jahr Früchte trägt, die sich außerdem in der Form von den weiblichen unterscheiden. Zum Probieren bekommen wir Papaya-Marmelade und Manjar, eine caramell-ähnliche chilenische Süßspezialität auf Milchbasis. Superlecker!

Anschließend geht es weiter zu einem Stausee, der vor ein paar Jahren zur besseren Bewässerung des Tals errichtet wurde. Inzwischen hat es aber seit sieben Jahren nicht mehr geregnet, so dass der Stausee nur noch ein paar Prozent seiner maximalen Füllmenge hat.

Hier zuerst der Blick aufs sogenannte „Untere Elqui-Tal“, dann auf den Stausee selbst und auf eine Windharfe, die im starken Wind leicht gespenstische Klänge erzeugt:

Unteres Elqui-Tal

Stausee

Windharfe

Im übrigen wird das meiste Wasser des Elqui-Flusses über ein Bewässerungssystem verteilt, dass sich die Chilenen aus Israel abgeschaut haben.

Danach besuchen wir eine Pisco-Distillerie, die die Trauben direkt vor ihrer Tür anbauen. Leider sind die Trauben erst im März reif, so dass die Distillerie gerade nicht in Betrieb ist. Aber vielleicht hätten sie uns dann auch nicht reingelassen. Jedenfalls werden uns die Fässer gezeigt, und auch die ganzen Gefäße in denen destilliert und gereift wird. In einem ist ein gerade mal ein knappes Jahr reifender Pisco drin, und wir können probieren. Den typischen Geschmack hat er aber noch nicht entwickelt, es schmeckt eigentlich einfach nur nach Alkohol und nicht irgendwie lecker aromatisch. Das bekommt der Alkohol erst in seinen zwei Jahren Reifezeit im Fass.

Pisco-Trauben

Hier ein Bild eines Pisco-Trauben-Feldes. Wie man sieht, sieht die Pflanze schon etwas anders aus als normale Weinpflanzen, da sie hoch wachsen und nicht so buschig wie auch unsere „normalen“ deutschen Weine. Aber das nur als kleine Info am Rande.

Nächster Halt ist Pisco Elqui, die Geburtsstadt von Gabriela Mistral sowie, was viel wichtiger ist, Ort unseres Mittagessens, das wir schon vorbestellen konnten. Bis dahin fahren wir aber ein ganzes Stückchen mit nur einem kleinen Zwischenstop für Fotos und das Probieren von „Duna“, der Frucht des Blattkaktusses. Die Duna wird oben aufgeschnitten und dann ausgelöffelt. Sie ist verdammt sauer, sobald man aber ein bisschen Zucker drauf träufelt verwandelt sich das Fruchtfleisch in ein herrlich erfrischendes Muß. Ich bekomme den Rest einer der beiden „Probefrüchte“ geschenkt und muss mir nichtmal eine kaufen um mehr zu kriegen. Super, oder? Unsere beiden Führer haben mich sowieso schon ins Herz geschlossen, da ich immer hin- und her übersetze und mich auch sonst zumindest viel mit Leticia unterhalte. Mit Rudi eher weniger, da ich noch immer kaum spanisch verstehe und er kein englisch kann. Aber die Aussicht ist schön:

Tal

Schließlich erreichen wir Picso Elqui und halten auf dem Parkplatz eines kleinen versteckten Restaurants. Das essen ist lecker, aber nichts außergewöhnliches, außer dem Nachtisch: Es gibt verschiedenes zur Auswahl, ich nehme mir Mote con Huesillo, eine chilenische Spezialität aus getrockneten Pfirsichen die in Pfirsich-Nektar schwimmen und mit Weizengraupen versetzt sind. Ich probiere, mag es aber nicht so sehr und gebe Mama den Rest. Beim Essen stellen wir übrigens auch fest, dass alle Englischsprachigen Tourgäste Deutsche sind: Wir vier natürlich, ein junges Paar das ursprünglich aus Memmingen stammt und eine Weltreise macht, und ein anderer junger Mann aus Berlin, der die Hochzeit eines Studienkollegen in Santiago für einen 10-tätigen Power-Trip durch ganz Chile nutzt.

Nach dem Essen haben wir etwas Zeit, die Stadt (oder eher das Dorf) auf eigene Faust zu erkunden.

Kirche

Gabriela Mistral

Wir besuchen außerdem ein kleines Museum in Gabriela Mistrals Kindheitshaus, einer Schule.

Schließlich der letzte Stop unserer Tour ist Vicuña, sozusagen die Hauptstadt des Elqui-Tales und schon wieder auf dem Rückweg. Hier gibt es aber auch nicht allzuviel zu sehen, einen hübschen Turm und das Wahrzeichen der Stadt und einen netten Park.

Turm von Vicuña

Park von Vicuña

Dann treten wir die Rückfahrt an, es ist auch schon recht spät und wir sind müde.

Am Sonntag wollen wir uns ein wenig in der Stadt umsehen und an den Strand gehen. Oma und Opa wollen in die nahe gelegene Hafenstadt Coquimbo, wo man Seelöwen, Pelikane und so weiter sehen kann. Das belebte Zentrum ist hübsch, es gibt 26 Steinkirchen im Zentrum. Der Grund dafür soll sein, dass die Stadt früher oft von Piraten überfallen wurde, und diese, da sie Spanier waren, immer sehr gottesfürchtig waren und die Menschen, die sich in den Kirchen versteckt haben, in Ruhe gelassen haben.

Kirche La Serena

Diese Kirche hier hat sogar einen hübschen Innenhof wo scheinbar auch Gottesdienste abgehalten werden können.

Innenhof

Mütze

Nachdem wir uns hier genug umgesehen haben, wollen wir in Richtung Strand, zum Leuchtturm. Ich packe also mein Navi aus und navigiere uns den kürzesten Weg entlang. Nur, da ist kein Weg. Nach etwa drei Kilometern durch Wohngebiete versperrt uns eine riesige Baustelle neben ein paar neugebauten Hochhäusern den Weg. Also versuchen wir es mit einem Weg drumrum, und landen noch weiter in Baustellen. Uns kommt dann auch bald ein Bauarbeiter entgegen und versucht uns zu erklären, dass wir da nicht durchkommen zum Strand, wir sollen wieder zurückgehen, ganz außenrum. Gefühlte 5 Kilometer Umweg zu Fuß bei gefühlten 50°C in praller Sonne. Ich finde die Aussicht wenig berauschend, vor allem, da wir die Straße über ein etwa 500m breites Geröllfeld sehen können. Ich überrede also meine Mutter, auch auf die Gefahr hin, dass wir dort nicht rauskommen, wir uns die Beine brechen könnten oder sonstiges, querfeldein unser Glück zu versuchen. Und zum Glück sehen wir kurz nach Verlassen des eigentlichen Weges auch Menschen auf der anderen Seite ein Stück hereinfahren, so dass wir zumindest davon ausgehen können, dass da kein Zaun den Weg versperrt.

Kurz bevor wir dann letztendlich die Hauptstraße erreichen schließt sich uns noch ein junger Hund an. Hunde gibt es hier wie Sand am Meer, alle mehr oder weniger halbwild aber eigentlich nicht gefährlich. Der hier wird kurzerhand Rudi getauft, weil uns nichts besseres einfällt, und er so treu und anhänglich ist. Was zu essen für ihn haben wir leider nicht. Rudi begleitet uns bis zum Leuchtturm von La Serena und findet erst dort interessantere Leute zum hinterherlaufen.

Leuchtturm

Am Strand begegnen wir übrigens direkt Oma und Opa, die erzählen dass sie zwar in den richtigen Bus aber in die falsche Richtung eingestiegen sind, so dass sie eine Rundfahrt in La Serena gemacht haben, aber nicht nach Coquimbo gekommen sind, und sich jetzt am Strand vergnügt haben und wieder zurück wollen ins Hostel. Mama und ich ziehen die Schuhe aus und laufen im Sand am Wasser umher, aber der Wind ist kalt und das Wasser ist eisig, so dass wir uns nur etwas in die Sonne legen. Als wir etwas später wieder aufstehen, habe ich Sonnenbrand in den Kniekehlen. Mama hält mir vor, dass sie mich gewarnt hat und dass ich doch meine Beine hätte eincremen sollen, sie hat es mir extra gesagt. Auf dem Rückweg treffen wir sogar zufällig noch Roman und Daniela, die sich auch in La Serena aufhalten und sich später mit uns treffen wollen zum Abendessen.

Meine Beine creme ich erst Abends ein und hoffe, dass die Haut dran bleibt und der Schmerz nicht allzu schlimm wird. Immerhin, der Tag endet positiv: Wir sind über 20k Schritte gleaufen. Und ich sehe einen Kolibri im Garten und bin sogar schnell genug, ihn zu fotografieren:

Kolibri

Dienstag haben wir uns nicht allzuviel vorgenommen. Wir müssen bis 11 Uhr unsere Zimmer verlassen haben, können aber bis um 22 Uhr unser Gepäck im Hostel lagern, was wir auch dankend annehmen, da unser Bus erst um 21 Uhr los fährt. Wir gehen nochmal ins Stadtzentrum sowie auf den Gemüßemarkt, wo Dienstags, Donnerstags und Sonntags Feldfrüchte aus dem Elqui-Tal verkauft werden. Nachmittags gehen wir zusammen Danielas Tante Susanna besuchen, die in La Serena wohnt und dort ihre Schwester pflegt. Sie ist, genauso wie mein Opa, 70 Jahre alt, sieht trotz ihrer dicken Brille fast nichts, und tanzt begeistert chilenische Volkstänze. Sie ist überhaupt noch gut in Schuss, und absolut lebenslustig. Viel zu früh müssen wir wieder gehen, holen unsere ungefähr dreihundert Taschen aus dem Hostel und machen uns auf zum Busbahnhof. Wir sollten etwa um 9 Uhr früh morgen in Antofagasta ankommen und dort von Danielas Familie abgeholt werden. Dort wollen wir, da die Familie uns einlädt, die erste Nacht verbringen und danach ein Hotel oder ähnliches suchen.